Office 365 und SAP – Beziehungs-Therapie

Ist das folgende für Sie eher noch ein (Alp-)Traum-Szenario? Ich erhalte eine E-Mail in Microsoft Outlook oder einen Anruf in Microsoft Teams; automatisch werden mir die zugehörigen Kontaktdaten aus dem CRM angezeigt und der Zahlungsstatus des letzten Auftrags aus dem ERP. Oder: In der ERP-Sicht auf meinen Auftrag sehe ich auch die Online- oder E-Mail-Konversation des Projektteams mit dem Kunden und kann den Auftragsstatus entsprechend anpassen. Bei Ihnen ist das nicht der Fall? Dann lesen Sie weiter.

Digital Work Evolution bedeutet vor allem, kollaborative Prozesse zu digitalisieren, zu integrieren und ggf. zu automatisieren. Moderne Anwendungsumgebungen müssen eine wachsende Zahl von Fachanwendungen und Betriebsmodellen integrieren und Prozesse abteilungs- und funktionsübergreifend verfügbar machen, da auch die Organisationsmodelle zunehmend integriert und agil werden.

Was auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, scheitert in der Praxis. Eigentlich wollen alle Hersteller das Gleiche: Unternehmen und Anwender produktiver machen. Doch warum ist es oft noch so schwierig, Daten aus Systemen wie SAP und Microsoft 365 in einer einheitlichen User Experience zu nutzen? Und was kann man dagegen tun?

Moderne Arbeitsweisen kennen keine Silo-Anwendungen mehr

Moderne Arbeitsmethoden basieren auf der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Mitarbeitern und versuchen, ihnen alle notwendigen Informationen und Instrumente zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Aufgaben selbständig erledigen können. Der einzelne Mitarbeiter steht zunehmend im Mittelpunkt.

Kernanwendungen wie ERP- oder Projektmanagement-Software sind dagegen auf Prozesse und Aufgaben ausgerichtet und decken bestenfalls Anforderungen für bestimmte Rollen innerhalb der Anwendung ab. Seltener unterstützen sie die Nutzer bei der anwendungsübergreifenden Nutzung von Informationen.

Zu lange lebten transaktionale ERP Daten und kontextorientierte Informationen aus Office, Outlook oder Teams in zwei unterschiedlichen Welten - das können sich Unternehmen heute nicht mehr leisten.

Moderne Arbeitsweisen, einschliesslich der Anforderungen an hybride Arbeitsumgebungen, führen dazu, dass der durchschnittliche berufliche Nutzer immer mehr Anwendungen und Apps verwendet, und das auf verschiedenen Geräten, bei der Arbeit oder zu Hause. Microsoft 365 wird immer mehr zum Dreh- und Angelpunkt für Zusammenarbeit und Kommunikation und ermöglicht diese sich ändernden Anforderungen an die Zusammenarbeit von Menschen und Informationen sehr bequem. Immer mehr SaaS-Anwendungen lassen sich in M365 integrieren und mit MS Teams-Arbeitsbereichen und -Prozessen verknüpfen. Andere grosse Hersteller-Ökosysteme, wie z.B. SAP, haben damit zu kämpfen.

Warum dieses Beziehungs-Problem?

Warum dieses Beziehungsproblem herstellerübergreifend so schwer zu lösen ist, liegt auf der Hand: Es handelt sich um Paare mit unterschiedlichen Interessen:

  • ERP-Systeme sind transaktionsorientiert, vereinfachen, automatisieren und berechnen Prozessfolgen und stellen dem Anwender, soweit gewünscht, die geforderten Resultate zur Verfügung.
  • Office Anwendungen unterstützen die Zusammenarbeit bei der Erstellung von Dokumenten und beim daraus entstehenden Vorgang, in dem geschrieben, diskutiert und präsentiert wird.

Klar, erfolgreiche ERP-Anbieter wie SAP möchten gerne mit dem führenden Kollaborationssoftware-Hersteller Microsoft zusammenarbeiten und bekunden seit Jahren Lösungen anbieten zu wollen. Nur leider lassen die bis heute auf sich warten.

Im Wesentlichen gibt es folgende Gründe, weshalb sich die beiden Welten auf den ersten Blick nicht verstehen:

  1. Application Locking: Eine Öffnung der ERP-Systeme bedeutet, dass punktuell Funktionsbausteine und somit Applikationen aus der eigenen Datenbank «abwandern» können. Dies heisst für den ERP-Anbieter weniger potentiell Lizenzumsatz.
  2. Künstliche Eintrittsschwellen: Standard APIs (Application Programming Interface) werden in verschiedenen Fällen auf beiden Seiten (ERP und Office) zur Verfügung gestellt, sind aber mehrheitlich für den Nutzer kostenpflichtig.
  3. Eintrainiertes Nutzer-Erlebnis: Als Nutzer sind wir alle Gewohnheitstiere. Office-Anwendungen wie Microsoft365 sind heute ein "de facto"-Standard. Microsoft-Anwendungen werden privat auf persönlichen Geräten, in der Schule und auch im Unternehmen genutzt. Office-Nutzer erwarten die gleiche, harmonische Arbeitsweise auch bei ERP-Anwendungen, werden aber meist enttäuscht.

Eine Beziehung mit guten Therapiechancen

Bidirektionale User-Experience für erhöhte Produktivität

Werfen wir noch einmal einen Blick auf das eingangs erwähnte "Traumszenario". Die automatische Anzeige von CRM- oder ERP-Informationen im Kundenkontext in Outlook oder MS Teams ist hilfreich. Wenn ich aber etwas zu den CRM-Daten hinzufügen oder einen Auftragsstatus im ERP ändern möchte, muss ich typischerweise von einem "Silo" zum nächsten wechseln, also die ERP-Anwendung öffnen. Wirklich produktiver bin ich, wenn ich die Daten nicht nur direkt in meinem kollaborativen oder kommunikativen Kontext konsumieren, sondern auch aktualisieren kann - die Beziehung ist also ein Geben und Nehmen (bidirektional).

Conversational Intelligence

Umgekehrt gilt das natürlich genauso. Wir können davon ausgehen, dass der Erfolg von MS Teams auch dazu führen wird, dass immer mehr projektbezogene Informationen in Projekträumen gespeichert werden. Dazu gehören auch E-Mails oder MS Teams-Konversationen. Bleiben diese Informationen isoliert und werden nicht mit den ERP-Daten korreliert, dann fehlen diese wichtigen Informationen bei Analysen von Verkaufschancen oder Projektrisiken oder müssen mühsam von Hand nachgetragen werden, ohne automatische Aktualisierung.

Prozess Effektivität

Gerade Kundenprozesse oder interne Teamprozesse haben oft einen sehr hohen Anteil an Kommunikations- und Kollaborationszeit im Rahmen eines Zyklus. Die Gestaltung eines effektiven Prozesses muss daher nicht nur die Kernsysteme wie ERP/CRM einbeziehen, sondern auch die in Microsoft Office abgebildeten Kollaborations- und Kommunikationswerkzeuge und -kanäle, die oft nicht sehr standardisiert sind - ERP- und M365-übergreifend. Für die Prozess Effektivität ist des deshalb essentiell zu verstehen, welche Kanäle für die Kommunikation genutzt werden (welche Personen oder Rollen sind typischerweise involviert, wo werden Dokumente im Prozess erstellt und geändert usw.). 

Power Automate Prozess Analyse

Quelle: Microsoft; Einfache Prozess Analyse mit Microsoft Power Automate

Die Paar-Therapie: Der Weg aus der Krise

Aus der Not generierte Lösungen

Unternehmen versuchten, die Bedürfnisse der Nutzenden mit Hilfe von Portalen und Intranet-Lösungen zu befriedigen. Dabei steht den Nutzerinnen und Nutzern eine Plattform zur Verfügung, die sich als einheitliche Benutzeroberfläche präsentiert. So können sie die einzelnen Anwendungen zentral aufrufen und die Systeme von einer einzigen Oberfläche aus bedienen. Ein Großteil der Daten und Informationen ist nach wie vor autonom in den Kernanwendungen gespeichert und kann selten integriert genutzt werden. Diese oft kostspieligen Lösungen decken die Anforderungen der Nutzenden nur bedingt ab.

UI-zentrierte Integrationen

Nutzer- oder User-Interface orientierte Lösungen integrieren Daten und Kommunikations-Elemente im gleichen Schritt, idealerweise über verschiedene Systeme hinweg. So versuchen sie Applikationswechsel mit einhergehenden Zeitverlusten zu vermeiden. Wird dabei ein breit verwendetes UI Model verwendet wie das des Quasi-Standards M365 für Kollaboration und Kommunikation erleichtert das die Eingewöhnung.

Ein Grossteil der Nutzenden kann so ausschliesslich in einem Nutzenden-Erlebnis "leben", da die für sie notwendigen Informationen und Dateninteraktionen aus anderen Kernsystemen in den Kontext ihrer Arbeitsumgebung (z.B. MS Teams) mit eingebaut werden.

Grundsätze:

  • Look & Feel der Applikationen sollten möglichst einheitlich sein oder einen Wiedererkennungseffekt haben. Damit wird der Schulungsaufwand die notwendige Eingewöhnungszeit erheblich verkleinert.
  • Jeder «Klick» und jeder Anwendungswechsel weniger erhöht die Benutzerakzeptanz und die Effizienz
  • Nutzende können einfache Aufgaben wie Status Updates kontextorientiert selbständig bearbeiten, ohne ERP-Spezialist zu sein.
  • Doppeleingaben und wiederholte manuelle Suchvorgänge in verschiedenen Anwendungen vermeiden.

Manchmal ist massgeschneidert billiger!

Mittlerweile gibt es zahlreiche Hersteller und fast alle ERP-Hersteller, die Arten von Low-Code-Entwicklungsumgebungen für die Prozessautomatisierung anbieten. Lösungen wie UI-Path, Service-Now, aber auch SAP oder Microsoft mit Power Automate gehen dabei unterschiedliche Wege. Allen gemeinsam ist der relativ hohe Kostenaufwand, um über die hauseigene Plattform hinauszugehen (alle Hersteller lassen sich sogenannte "Konnektoren" teuer bezahlen).

Viva Sales arbeitet mit den CRM-Lösungen Dynamics und Salesforce zusammenarbeitet, um Kundendaten auf intelligente, KI unterstützte Weise zu automatisieren und in Microsoft 365-Tools wie Outlook oder Teams zu integrieren. microsoft.com/de-ch/microsoft-viva/sales

Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Microsoft mit dem Benutzererlebnis "Viva Sales", das Anbindungen an das unternehmenseigene CRM sowie an SalesForce CRM in die Outlook- und Teams-Prozesse integriert und in einer einheitlichen Umgebung darstellt. VIVA Sales eignet sich jedoch aufgrund des Preises (knapp CHF 40/Benutzer/Monat und einer M365 Enterprise Lizenz) eher für grössere Unternehmen oder spezialisierte Benutzergruppen (z.B. Verkaufsabteilungen).

Viva Sales 2

 

Es ist daher nicht verwunderlich, dass massgeschneiderte Lösungen für Integrationen u.a. zwischen M365 und SAP oft die deutlich kostengünstigere Lösung sind, insbesondere wenn die internen IT-Ressourcen begrenzt sind, wie es bei KMUs meist der Fall ist.

Siehe auch als Beispiel einer UI-zentrierten massgeschneiderten Lösung. CTI Integration Microsoft Teams und SAP-CRM Service Cloud

Für eine lange, glückliche Beziehung!

Geschäftsanwender in Unternehmen verlangen Einfachheit und Flexibilität in der Anwendung. Unternehmen brauchen Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Produktivität. Durch die geschickte Verknüpfung von Informationen können beide Seiten profitieren.

Mit modernen Werkzeugen wie Microsoft 365 und der Microsoft Power Platform lassen sich erste Pilotprojekte für Prozessintegrationen schnell erstellen und ausprobieren. Erste nützliche und skalierende Integrationen können auch schnell und zukunftssicher als SaaS-basierte Anwendungen implementiert werden, die in der Regel professionell entwickelt und gewartet werden.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und als Basis für eine breit angelegte Initiative zur Prozessautomatisierung ist es notwendig, Leitlinien, Regeln und ein Betriebsmodell zu definieren.

CoE Cyclus Prozess Digitalisierung

AliceBlue ist Microsoft Solutions Partner für Modern Workplace und begleitet Kunden auf diesem Weg hin zur eigenen Prozess-Kompetenz auf der Basis von Microsoft 365 und arbeitet mit den SAP-Partnern mit SFOUR Consulting AG (sfour-consulting.com) und NOVO Business Consultants AG (novo-bc.ch).